Spielplan

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Boris Godunow

Modest P. Mussorgski 1839–1881

Oper in vier Akten mit Prolog
Text vom Komponisten nach Alexander S. Puschkin und Nikolai M. Karamsin
Uraufführung der zweiten Fassung 1874, Mariinski-Theater, St. Petersburg
Instrumentation von Dmitri D. Schostakowitsch (1939/40)

In russischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Einführungen eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Holzfoyer und als Audioeinführung überall, wo es Podcasts gibt. Weitere spannende Inhalte zur Produktion finden Sie im Opernappetizer auf unserem Blog.

Am 21. November findet das Nachgespräch Oper im Dialog anlässlich der Premiere von Boris Godunow statt.

 

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Musikalische Leitung Thomas Guggeis

Boris Godunow Alexander Tsymbalyuk
Fjodor Karolina Makuła
Xenia Anna Nekhames
Xenias Amme Judita Nagyová
Fürst Schuiski/Bojar Chruschtschow  AJ Glueckert
Pimen Andreas Bauer Kanabas
Grigori Otrepjew Dmitry Golovnin
Marina Mnischek Sofija Petrović
Rangoni Thomas Faulkner
Warlaam Inho Jeong
Missail Peter Marsh
Schankwirtin Claudia Mahnke
Gottesnarr/Leibbojar Michael McCown
Andrei Schtschelkalow Mikołaj Trąbka
Mikititsch/Tschernikowski Morgan-Andrew King°
Mitjucha/Lawitzki Frederic Jost

°Mitglied des Opernstudios

Großen Jubel und teils stehende Ovationen ernten am Sonntagabend die vielen Mitwirkenden in Modest Mussorgskis russischer Nationaloper "Boris Godunow", die an der Oper Frankfurt Premiere feierte. Regisseur Keith Warner und Generalmusikdirektor Thomas Guggeis hatten sich mit der selten gespielten Schostakowitsch-Version die längst mögliche Fassung aus dem Jahr 1939/40 vorgenommen. Und entrollen in viereinhalb Stunden auf der Dunkeldüster-Bühne Kaspar Glarners ein gewaltiges Panorama machtpolitischer Intrigen der russischen Geschichte. (…)

Bettina Boyens / Wieland Aschinger, www.musik-heute.de

 

(...) [Es gelingt] Guggeis, den großen Apparat – allein sechzehn Solisten in gewichtigen Rollen, dazu den von Álvaro Corall Matute unüberbietbar genau vorbereiteten Chor samt Kinderchor – zusammenzuhalten und einen packenden erzählerischen Sog zu erzeugen.

Die vorbildlich durchgearbeitete Beziehungsregie zwischen den Figuren, die das Frankfurter Publikum mit lautem Beifall quittiert, wird von durchweg vorzüglichen Sängern mit Leben erfüllt. (…)

Jan Brachmann, Frankfurter Allgemeine Zeitung

 

(…) [Thomas Guggeis] dirigiert mit leidenschaftlicher, furchtloser Intensität, und das großartige Frankfurter Opern- und Museumsorchester wächst über sich hinaus. Keith Warners Inszenierung präsentiert die Handlung mit bewundernswerter Klarheit. Kaspar Glarners drehbares Bühnenbild besteht aus drei halbkreisförmigen Teilen, die sich geschickt an die Anforderungen jeder Szene anpassen lassen. (…)

Hugo Shirley, Opera Now

 

(...) Der in der Titelrolle bestens erfahrene ukrainische Bass Alexander Tsymbalyuk singt in seinem Hausdebüt einen beeindruckenden Boris Godunow. Auch Ensemblemitglied Andreas Bauer Kanabas als sein mächtiger Gegenspieler Pimen bietet wuchtige Auftritte voller Geschichtsrevisionismus. Mezzosopranistin Sofija Petrović verkörpert mit Marina eine kalt kalkulierende Thronräuberin, die mit dem falschen Dimitri (Dmitry Golovnin) ein Zweckbündnis eingeht.

Wie aus scheinbar harmlosen Obdachlosen, die sämtliche Wodka-Flaschen der Schankwirtin verschwinden lassen, später hetzerische Anführer des neuen Zaren werden, zeigen Inho Jeon und Peter Marsh (als Warlaam und Missail) mit großer Raffinesse.

Bettina Boyens, Frankfurter Neue Presse

 

(…) Als Bindeglied fungiert der Gottesnarr, Michael McCown in einer wunderbar zarten Rolle. Er ist als erster und auch dann fast immer da und insofern anders als der durchaus eingriffige Chronist Pimen der wahre mitleidende Augenzeuge des Grauens. Er hat das letzte Wort. Seine Klage gibt auch den Ukrainerinnen recht, die vor der Premiere am Operneingang protestieren. Das ist kein Widerspruch zum Jubel im Haus, es gehört dazu. Auch davon handelt dieser große Abend.

Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau

 

(...) Frankfurt zeigt Boris Godunow in vitaler, üppig ausgestatteter, doch nie ins Kitschige kippender Form. Keith Warner bleibt Chronist. (…) Das Frankfurter Opern- und Museumsorchester, dieser so geniale und exzeptionelle Klangkörper, entfesselt unter Thomas Guggeis einen Klang von bezwingender Eleganz und eruptiver Energie. (…)

Patrick Erb, concerti.de

 

(…) Regisseur Keith Warner stellt das hochaktuelle Stück um Macht und Liebe, Mord und Verrat, korrupte Obrigkeit und leidendes, aber eben auch verführbares Volk, um Wahrheit und Fake News weder als Historienspektakel noch in simpler Aktualisierung auf die Bühne. Seine Dramaturgie ist komplex und arbeitet mit vielen Ebenen. (…)

Keith Warners Inszenierung unter Mitarbeit von Katharina Kastening und in der Ausstattung von Kaspar Glarner bietet viel Anlass zum Nachdenken. Sie entwirft dazu viele starke Bilder – und sie macht klar, wie gegenwärtig das Stück ist. (…)

Karl Georg Berg, Die Rheinpfalz

 

(…) Und dann ist da Alexander Tsymbalyuk, der über einen wunderschönen Bariton gebietet und die Titelpartie geradezu unheimlich verinnerlicht hat, von den Sorgen der Macht des Anfangs, über den liebenden Familienvater, den zornigen Herrscher, den sich durch Mitleid mit dem Gottesnarren dem Volk annähender Zar bis hin zum scheiternden bis zu dem im Wahnsinn verfallenden Mörder des legitimen Thronfolgers. An der Oper Frankfurt gelingt ein Boris Godunow, den man ganz neu hören kann. Der düsteren Pracht dieses Lehrstücks in abgründiger Geschichte kann man sich kaum entziehen. Es ist schlicht überwältigend.

Bernd Künzig, SWR Kultur am Morgen

 

(...) Grandios, wie [Thomas Guggeis] das von Álvaro Corral Matute perfekt einstudierte Riesenkollektiv aus Opern-, Extra- und Kinderchor regelrecht sprechen lässt, wendig, aufgelichtet, oft mit beinahe rezitativischer Deutlichkeit. Auch das Opern- und Museumsorchester verrät vom eingängigen Volksliedton über den impressionistischen Duft bis zu brutalen Härten alles, was in Mussorgskis letztlich unvollendet gebliebener Partitur steckt. (...)

Axel Zibulski, Rhein-Zeitung

Ein von Schuldgefühlen gequälter Herrscher, machtgierige Intriganten, ein geschundenes Volk und ein Mönch, der im wahrsten Sinne des Wortes »Geschichte schreibt«: Nach der Ermordung des legitimen Thronfolgers Dimitri gelangt Boris Godunow an die Zarenmacht. In seiner Chronik der russischen Geschichte benennt der Mönch Pimen den Machthaber als Dimitris Mörder. Pimens Ausführungen animieren den Novizen Grigori dazu, sich als dem Attentat entkommener Dimitri auszugeben und Anspruch auf den Thron zu erheben. Die ehrgeizige polnische Wojwodentochter Marina Mnischek unterstützt ihn bei seinem Vorhaben. Während Boris mit den Schatten der Vergangenheit ringt, beraten die Bojaren über Maßnahmen gegen den neuen Usurpator. Doch schließlich wird der »falsche Dimitri« zum Zaren gekrönt.

1825 verfasste Alexander S. Puschkin ein Politdrama, das die inneren Unruhen im Russland des frühen 17. Jahrhunderts aufgreift. Der Komponist kürzte Puschkins Bilderfolge und verlieh den lose miteinander verknüpften Massen- und Kammerspielszenen durch ihre Nähe zur russischen Volks- und Kirchenmusik ein nationales Klangkolorit.

Nachdem das Komitee der Kaiserlichen Oper in St. Petersburg Mussorgskis Werk abgelehnt hatte, machte sich der Komponist fieberhaft an eine Umarbeitung. Dabei veränderte er die Szenenfolge und fügte mit dem »Polen-Akt« die wichtigen Partien der Marina und des Rangoni hinzu. 1882 verhinderte die Zensurbehörde allerdings eine Etablierung dieser 1874 uraufgeführten Fassung. Nach Mussorgskis Tod legten Nikolai A. Rimski-Korsakow und Dmitri D. Schostakowitsch je eine eigene Orchestrierung der Oper vor. Letztgenannte Version ist die Grundlage der Frankfurter Neuinszenierung.

Mit freundlicher Unterstützung