Die Oper Frankfurt hat tief gegraben, um in einer Zeit ohne Planungssicherheit, aber mit Startgarantie alle Gönner, Freunde und Kulturbedürftigen zu locken. Das befreiende Glucksen und Lachen des mehr oder wenig geduldig Masken tragenden Publikums, viel Zwischenapplaus und am Ende einmütiges Trampeln, Pfeifen und Bravi bestätigte das Konzept. Mit dem Intermezzo L’italiana in Londra“ von Domenico Cimarosa, komponiert für fünf Protagonisten und eine erweiterte Kammerbesetzung im Orchestergraben, gelang ein vielumjubelter Auftakt einer über diesen Abend hinaus vielversprechenden Saison. (…)
Christiane Franke, www.klassik.com
(…) Ohne den Regisseur R. B. Schlather wüsste man vermutlich nicht, weshalb man hier ist, ohne das grandiose Quintett auf der Bühne wüsste man es nicht, ohne das von dem britischen Dirigenten Leo Hussain zu behänder Leichtgängigkeit geführte Opern- und Museumsorchester wüsste man es nicht. Wie die Dinge aber liegen und wie es hier geplant und durchgeführt wurde, ist es ein bezwingender Abend. Dass er keine Cimarosa-Renaissance einleiten dürfte, macht ihn nicht kleiner, eher zu einer womöglich einmaligen Gelegenheit. (…)
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau
(…) Allerdings triefen die amourösen Verwicklungen in einer Londoner Pension, in der internationale Gäste ein und aus gehen, genüsslich vor nationalistischen Vorurteilen und platten Charakteren. Wundervoll, findet der New Yorker Regisseur R.B. Schlather, überdreht die Buffa zur fetzigen Farce und verdonnert das Ensemble im Lockdown (Corona lässt grüßen) zum permanenten Sich-Begegnen und Sich- Begehren in der Lobby. Da versucht Bassbariton Gordon Bintner als touristischer Latin Lover Don Polidoro, die geheimnisvolle Livia mit Goldketten, angeklebtem Brusthaar und schwingenden Hüften zu gewinnen – dabei ständig auf die steifen, witzlosen Engländer schimpfend –, zappelt aber seinerseits fest im Erotik-Netz der Hotelchefin Madama Brillante (zum Brüllen komisch in Raffinesse und Verzweiflung: Bianca Tognocchi). Ständig Tee servierend spielt sie im sexy Ingrid-Steeger-Look gezielt das dumme Frauchen, verfolgt aber eigentlich den Plan, ihrer Hoteltristesse zu entfliehen und mit Polidoro nach Italien auszuwandern. Irrwitzig dümmlich kann auch Theo Lebow als vorgeblich stinkreicher niederländischer Kaufmann nicht bei Livia landen, da ständig im Kampf mit Mundgeruch und wiederborstigem Haupthaar begriffen. Das quirlige Quintett perfekt macht Iurii Samoilov als steifer Adelssohn Arespingh samt Schirm, Charme und Melone, der am Ende die Hosen runterlässt und Titelheldin Livia alias Angela Vallone, die als Einzige tragisch über ihr Klischee hinauswachsen darf, in einer winzigen Telefonzelle vernascht. Herrlich albern auch Cimarosas Einfall, mit Zauberkraft in Gestalt eines Steins, der angeblich unsichtbar macht, dem Verliebtsein Polidoros auf die Sprünge zu helfen. (…)
Bettina Boyens, Frankfurter Neue Presse
(…) Bereits in der Ouvertüre leuchteten die musikalischen Parallelen zur Musik des sieben Jahre jüngeren Mozart deutlich auf. Leo Hussains Dirigat hob diesen musikalischen Déjà-vu-Effekt gekonnt hervor und unterstrich zugleich die Unvorhersehbarkeit der Musik und ihren unverwechselbaren Humor.
Der amerikanische Regisseur R.B. Schlather griff diesen wie in einem Ping-Ping-Spiel mit dem Orchester auf und zündete ein komödiantisches Feuerwerk, das in seiner artistischen Raffinesse mühelos über drei Stunden hinweg trug. (…)
(…) Dem stimmlich wie darstellerisch überragend aufgelegten Solistenensemble (Angela Vallone – Livia, Bianca Tognocchi – Madama Brillante, Theo Lebow – Sumers, Iurii Samoilov – Milord Arespingh, Gordon Bintner – Don Polidoro) gelang es ausnahmslos, hinter der stereotypen Buffo-Maske glaubhafte menschliche Gesichter erkennen zu lassen.
Silvia Adler, Darmstädter Echo
(…) Eingepasst und doch frei abgezirkelt im Korsett der Cimarosa-Nummern, die sich besonders zu zwei fluffigen Kettenfinale genüsslich ausweiten, macht dieses muntere Quintett drei Stunden lang Zuhör- wie -schaulaune. Diese Musik träufelt galant, ist handwerklich brillant gemacht, hält mit architektonischen Unregelmäßigkeiten wach, die Leo Hussain mit Gusto, aber unerbittlich raschen Tempi vorantreibt. (…)
Manuel Brug, www.brugsklassiker.de
(…) Das Produktionsteam um Regisseur R.B. Schlather nimmt die Vorlage zum Anlass, um ein Feuerwerk des Humors abzubrennen, mal übermütig, mal hintersinnig. Von einer „Inszenierung“ zu sprechen, wäre eine Untertreibung: Die schauspielerisch ungemein geforderten Protagonisten bewegen sich vielmehr in einer genauestens kalkulierten Choreographie über die Bühne. Slapstick und Ironie werden in der exakt richtigen Dosis und mit perfektem Timing serviert. (…)
Michael Demel, www.deropernfreund.de
(…) Leo Hussain mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester meistert die Partitur durch durchsichtig-prickelndes, aber ebenso exaktes Spiel der Musiker, als wolle das gesamte Orchester den Abend nur Champagner ausschenken angesichts der Freude, dass man wieder Musik spielen und Theater machen darf.
Großer Jubel im wegen des Wahlabends nur mäßig besetzten Haus – die aber dort sind, denen ergeht es mit Sicherheit besser als vor dem Fernseher daheim.
Achim Dombrowski, O-Ton
(…) Die Oper Frankfurt hat mit L’italiana in Londra eine Rarität ausgegraben, die musikalisch und inhaltlich einen Platz im Repertoire verdienen würde.
Thomas Molke, www.omm.de
(…) Die Frankfurter Italienerin ist jedenfalls Unterhaltungstheater im besten Sinne: herrlich gespielt, schön gesungen und saukomisch inszeniert.
Bernd Zegowitz, Badische Neueste Nachrichten