Claus Guth erntete am Sonntagabend für seine packende psychologische Deutung von Richard Strauss’ Einakter Elektra an der Oper Frankfurt einhelligen Publikumsjubel. Seine Auffassung überzeugte, die generationenübergreifende Geschichte der blutdurchtränkten Rachetragödie der Atriden als zunehmende Zerrüttung des Geisteszustandes von Elektra zu zeigen. (…)
Bettina Boyens / Wieland Aschinger, www.musik-heute.de
(…) An vorderster Front die großartige estnische Sopranistin Aile Asszonyi. Sie beeindruckte stimmlich, darstellerisch und vor allem mit ihrer unglaublichen Kondition tief. Nach ihrem Zusammenbruch am Ende des Stücks, nach dem letzten Ruf „Orest“ ihrer qualitativ ebenbürtigen Bühnenschwester Chrysothemis und dem letzten dröhnenden Orchesterakkord herrschte im Publikum kurze Stille, während der Vorhang fiel. Es war nach 110 Minuten höchster emotionaler Anspannung die Stille der Erschütterung vor einem wahren Applaus-Orkan.
Andrea Richter, www.faustkultur.de
(…) Unten in den Klüften, aus denen die blutige Vergangenheit der Atridensippe so suggestiv emporklingt, waltet der scheidende Generalmusikdirektor Sebastian Weigle seines Amtes und lässt den riesigen Klangkörper in allen Facetten so differenziert funkeln, dass man sich manchmal eher in einer kammermusikalischen Veranstaltung als in einem der klanggewaltigsten Werke der Gattung wähnt. Bei dieser Leistung ist es nur angemessen, dass das Orchester als Protagonist zum Schlussapplaus auf die Bühne gebeten wird, um sich mit seinem GMD vom begeisterten Publikum feiern zu lassen. Die Ovationen schließen neben dem Schwesternpaar Susan Bullocks edel patinierte Klytämnestra, Peter Marshs Aegisth und Simon Baileys Orest auch das Regieteam um Claus Guth ein. (…)
Volker Milch, Wiesbadener Kurier
(…) Der Blumenstrauß fürs Vokale aber ging an Jennifer Holloways Chrysothemis: über die glaubhaft ausgestrahlte Körpersehnsucht nach einem männlichen Gegenüber, den Trost mit einem Schal-Knäuel als Kind-Ersatz hinaus leuchtete und glühte da ein echter „Strauss-Sopran“. (…)
Wolf-Dieter Peter, www.nmz.de (neue musikzeitung)
(…) Wenn alles zu viel wird, bleibt immer noch der Wahnsinn, und genau dort richtet sich Elektra häuslich ein.
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Regisseur Claus Guth zeigt das in seiner packenden Inszenierung am „Opernhaus des Jahres“ in Frankfurt von der ersten bis zur letzten Minute absolut plausibel, bildstark und dank der fulminanten estländischen Sopranistin Aile Asszonyi in der Titelrolle menschlich zutiefst anrührend. (…)
Peter Jungblut, BR-Klassik / Allegro
(…) Psychosomatische Störungen aber hat, in Claus Guths Inszenierung der Oper Elektra von Richard Strauss nach Hofmannsthal, vor allem Elektra selbst: Aile Asszonyi in der Titelrolle verdreht an der Oper Frankfurt ihre rechte Hand, als sei sie ein ekelhaftes, fremdes Körperteil. Sie zuckt mit dem Kopf, verzieht den Mund, hat Ticks, nur kurz, aber immer ganz allein. Alle anderen, die Schwester Chrysothemis, das Personal, scheinen im großen Ganzen gesund zu sein und der seltsamen Elektra fürsorglich zugewandt. (…)
Jan Brachmann, Frankfurter Allgemeine Zeitung
(…) Fesselnd zeigt Regisseur Claus Guth an der Oper Frankfurt, wie die geistig zerrüttete Atridenprinzessin an ihren Wutwallungen, den penetrant durch die Szene laufenden Erinnerungsfetzen und ihren wüsten Rachefantasien zugrunde geht. Schlimmer noch: Mutter und Schwester, die gesamte Familie, teilen ihre Therapieresistenz. Vielleicht ist der packendste Einfall Guths, der mit Elektra in Frankfurt seine dritte überragende Strauss-Interpretation vorlegt, bis zum Ende offen zu lassen, ob sich das unmenschliche Schlachten nur in Elektras Kopf abspielt oder tatsächlich geschehen ist. Antwortet sie doch am Ende, als ihre Schwester Chrysothemis sie fragt, ob sie den musikalischen Jubel nicht höre: „Ob ich die Musik nicht höre? Sie kommt doch aus mir.“ (…)
Bettina Boyens, Frankfurter Neue Presse
(…) Auch das Orchester wird von Weigle am Ende energisch auf die Bühne gewunken, es spielt bei Strauss hörbar eine, wenn nicht die Hauptrolle. Es ist die vorletzte Premiere für den scheidenden GMD, der hier, ganz in seinem Kernrepertoire, noch einmal ganz besonders gefeiert wurde.
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau
(…) Diese Frankfurter Elektra ist im wahrsten Sinne des Wortes wahnsinnig gut.
Bernd Künzig, SWR 2 / Journal am Mittag
(…) Es ist eins von Guths Regiekunststücken, mit solchen, obendrein mit getanztem Witz gewürzten Ambivalenzen, jenen szenischen Rausch zu liefern, den die Musik per se bietet. Premium-Strauss gibt es eben nicht nur in Dresden...
Joachim Lange, Dresdner Neueste Nachrichten
(…) Nicht enden wollende Ovationen belohnen einen Frankfurter Premierenabend, der in seiner künstlerischen Größe höchsten Ansprüchen des Hauses gerecht wird.
Bettina Boyens, Offenbach-Post