Georg Friedrich Händel wusste ganz genau: Der Erfolg seiner Opern hing vom Gesangspersonal ab. In den späten 1720er Jahren versammelte er die berühmtesten Primadonnen und Kastraten auf seiner Londoner Bühne. An dieser Vorgabe kommt auch heute kein Theater vorbei, das Händels Opern ins Programm und sie ernst nimmt. Insofern findet Frankfurts kluge Ensemblepolitik immer wieder herausragende Sängerinnen und Sänger, die sich diese Musik mit viel Können, Lust und Leidenschaft zu eigen machen. Erneut nun im Orlando, einer vor genau 290 Jahren uraufgeführten Ritteroper. (…)
Andreas Bomba, Frankfurter Neue Presse
(…) Simone Di Felice dirigiert das historisch informierte Opern- und Museumsorchester, das einen besonders schlanken, aber durchaus nicht kargen, sondern geschmackssicheren Barockklang produziert, sozusagen à la 1733 – in dem Jahr wurde Orlando mit mittlerem Glück in London uraufgeführt. (…)
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau
(…) Der sprichwörtlich rasende Roland steht vor der bizarren Entscheidung, seine Karriere als Feldherr oder als Liebhaber fortsetzen zu sollen. Eine Versuchsanordnung, die zu leiten das Libretto eine Art Magier erfindet; Zoroastro lässt das an sich tragische Stück in ein Happy End münden, wie es das Publikum damals liebte. Božidar Smiljanić gibt ihn kernig und bestimmt, scheut auch nicht schwärzeste Tiefen, bewahrt sich aber Nobilität und feine Ironie.
Die anderen Figuren dieses Kammerspiels sind zwei Liebespaare. Dorinda, eine kecke Schäferin, von Händel mit quirligen Koloraturen und eher frischen Melodien bedacht: Monika Buczkowska verleiht ihr lebhaft und unbekümmert Figur und Stimme. Angelica, die umworbene Königin: Ihr setzt das Hin und Her zwischen den Männern gewaltig zu, wie Kateryna Kasper berührend und facettenreich zum Ausdruck bringt (…). Medoro, ihr vergleichsweise kühler, korrekter Liebhaber: Christopher Lowrey singt ihn elegant, mit ausnehmend schöner Stimme. Schließlich die Titelpartie: Zanda Švēde als Idealbesetzung, in Höhe und Tiefe gleichermaßen klang- und ausdrucksvoll, auch gesangstechnische Spezialitäten wie das Wachsen und Vergehen einzelner Töne auskostend, Empfindsamkeit und Raserei im Gesang fokussierend. (…)
Andreas Bomba, Offenbach-Post
(…) Die Inszenierung lebt vom Licht und Farbenspiel (…), aber vor allem vom lockenden, kunstfertigen Gesang, der anfangs etwas affektgebremst wirkt, sich dann aber in der Anteilnahme steigert. (…)
Jan Brachmann, Frankfurter Allgemeine Zeitung
(…) Die minimalistische Bühnenkonstruktion, die von fünf schwarz gekleideten Tänzern bewegt wird, die Orlandos Gedanken, Wünsche und Erinnerungen verkörpern (Choreografie Jenny Ogilvie), lässt den leidenschaftlichen Emotionen, die in der Musik immer heftiger auflodern, viel Raum. (…)
Silvia Adler, Wiesbadener Kurier
(…) Diese Inszenierung besticht durch eine sensible Personenregie, gepaart mit subtil musikalischer Gestaltung. Hier wird kein Regiekonzept exerziert, sondern der amerikanische Regisseur Ted Huffman verlässt sich allein auf die Figuren und ihre Musik. So kommt auch die Besonderheit dieser Oper schön zum Vorschein, weil Händel hier nicht vorrangig bloße Affekte ausstellt, sondern wahre Bühnencharaktere handeln und singen lässt. Nirgendwo in seinen Opern gibt es so viele instrumental begleitete Rezitative, in denen sich Seelenvorgänge spiegeln. Tanzende Genien umschweben die Figuren dabei und übertragen deren Gefühle dezent in anmutige Körpersprache.
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Dazu braucht diese Inszenierung keine spektakuläre Ausstattung. Es gibt außer einem Dolch und einem Amulett (unerlässlich für die Erklärung der Handlung) keinerlei Requisiten. Genial ist die Bühnenkonstruktion: nichts weiter als ein Drehkreuz wie eine riesige Drehtür, die hier die ganze Bühnenhöhe ausfüllt und nicht allein zu reibungslosen Szenenwechseln dient, sondern auch als reales Liebeslabyrinth, in dem sich die Figuren bisweilen verirren oder als Projektionsfläche der Olivenzweige Arkadiens, dem bukolischen Ort, an dem die ganze Handlung spielt. (…)
Christoph Wurzel, www.bachtrack.com
(…) Musikalisch ist die Frankfurter Aufführung ein Glanzstück, auch die Inszenierung besticht mit einer Ästhetik, die trotz ihres Minimalismus starke Akzente setzt. (…)
Silvia Adler, Wiesbadener Kurier
(…) So fügt sich eines zum anderen an diesem kurzweiligen und beglückenden Abend: Bühnenbild, Licht- und Schattenspiel, Kostüme, Personenführung, Tanz, Gesang und Orchesterspiel auf höchstem Niveau. Alles ist gut durchdacht, geschmackvoll aufeinander abgestimmt, wunderbar ausbalanciert. Ein wahres Gesamtkunstwerk, für das als höchstes Lob gelten kann, dass es dem Komponisten ein Denkmal setzt.
Michael Demel, www.deropernfreund.de