Spielplan

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Orlando

Georg Friedrich Händel 1685–1759

Opera seria in drei Akten
Text nach Carlo Sigismondo Capece
Uraufführung 1733, King’s Theatre, Haymarket, London

In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Einführungen eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Holzfoyer und kurz vor der Premiere als Video

Musikalische Leitung Simone Di Felice

Orlando Zanda Švēde
Angelica Kateryna Kasper / Elisabeth Breuer (12.3. musikalisch), Aileen Schneider (szenisch)
Medoro Christopher Lowrey
Dorinda Monika Buczkowska
Zoroastro Božidar Smiljanić

Georg Friedrich Hän­del wusste ganz genau: Der Erfolg seiner Opern hing vom Gesangspersonal ab. In den späten 1720er Jahren versammelte er die berühmtesten Primadonnen und Kas­traten auf seiner Londoner Büh­ne. An dieser Vorgabe kommt auch heute kein Theater vorbei, das Händels Opern ins Programm und sie ernst nimmt. Insofern fin­det Frankfurts kluge Ensemblepo­litik immer wieder herausragen­de Sängerinnen und Sänger, die sich diese Musik mit viel Können, Lust und Leidenschaft zu eigen machen. Erneut nun im Orlan­do, einer vor genau 290 Jahren uraufgeführten Ritteroper. (…)

Andreas Bomba, Frankfurter Neue Presse


(…) Simone Di Felice dirigiert das historisch informierte Opern- und Museumsorchester, das einen besonders schlanken, aber durchaus nicht kargen, sondern geschmackssicheren Barockklang produziert, sozusagen à la 1733 – in dem Jahr wurde Orlando mit mittlerem Glück in London uraufgeführt. (…)

Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau


(…) Der sprichwörtlich ra­sende Roland steht vor der bizar­ren Entscheidung, seine Karriere als Feldherr oder als Liebhaber fortsetzen zu sollen. Eine Versuchsanordnung, die zu leiten das Libretto eine Art Magier erfindet; Zoroastro lässt das an sich tragi­sche Stück in ein Happy End münden, wie es das Publikum damals liebte. Božidar Smiljanić gibt ihn kernig und bestimmt, scheut auch nicht schwärzeste Tiefen, bewahrt sich aber Nobilität und feine Ironie.
Die anderen Figuren dieses Kammerspiels sind zwei Liebes­paare. Dorinda, eine kecke Schä­ferin, von Händel mit quirligen Koloraturen und eher frischen Melodien bedacht: Monika Buczkowska verleiht ihr lebhaft und unbekümmert Figur und Stimme. Angelica, die umworbe­ne Königin: Ihr setzt das Hin und Her zwischen den Männern ge­waltig zu, wie Kateryna Kasper berührend und facettenreich zum Ausdruck bringt (…). Medoro, ihr ver­gleichsweise kühler, korrekter Liebhaber: Christopher Lowrey singt ihn elegant, mit ausneh­mend schöner Stimme. Schließ­lich die Titelpartie: Zanda Švēde als Idealbesetzung, in Höhe und Tiefe gleichermaßen klang- und ausdrucksvoll, auch gesangstechnische Spezialitäten wie das Wachsen und Vergehen einzelner Töne auskostend, Empfindsam­keit und Raserei im Gesang fokussierend. (…)

Andreas Bomba, Offenbach-Post


(…) Die Inszenierung lebt vom Licht und Farbenspiel (…), aber vor allem vom lockenden, kunstfertigen Gesang, der anfangs etwas affektgebremst wirkt, sich dann aber in der Anteilnahme steigert. (…)

Jan Brachmann, Frankfurter Allgemeine Zeitung


(…) Die minimalistische Bühnenkonstruktion, die von fünf schwarz gekleideten Tänzern bewegt wird, die Orlandos Gedanken, Wünsche und Erinnerungen verkörpern (Choreografie Jenny Ogilvie), lässt den leidenschaftlichen Emotionen, die in der Musik immer heftiger auflodern, viel Raum. (…)

Silvia Adler, Wiesbadener Kurier


(…) Diese Inszenierung besticht durch eine sensible Personenregie, gepaart mit subtil musikalischer Gestaltung. Hier wird kein Regiekonzept exerziert, sondern der amerikanische Regisseur Ted Huffman verlässt sich allein auf die Figuren und ihre Musik. So kommt auch die Besonderheit dieser Oper schön zum Vorschein, weil Händel hier nicht vorrangig bloße Affekte ausstellt, sondern wahre Bühnencharaktere handeln und singen lässt. Nirgendwo in seinen Opern gibt es so viele instrumental begleitete Rezitative, in denen sich Seelenvorgänge spiegeln. Tanzende Genien umschweben die Figuren dabei und übertragen deren Gefühle dezent in anmutige Körpersprache.
(…)
Dazu braucht diese Inszenierung keine spektakuläre Ausstattung. Es gibt außer einem Dolch und einem Amulett (unerlässlich für die Erklärung der Handlung) keinerlei Requisiten. Genial ist die Bühnenkonstruktion: nichts weiter als ein Drehkreuz wie eine riesige Drehtür, die hier die ganze Bühnenhöhe ausfüllt und nicht allein zu reibungslosen Szenenwechseln dient, sondern auch als reales Liebeslabyrinth, in dem sich die Figuren bisweilen verirren oder als Projektionsfläche der Olivenzweige Arkadiens, dem bukolischen Ort, an dem die ganze Handlung spielt. (…)

Christoph Wurzel, www.bachtrack.com


(…) Musikalisch ist die Frankfurter Aufführung ein Glanzstück, auch die Inszenierung besticht mit einer Ästhetik, die trotz ihres Minimalismus starke Akzente setzt. (…)

Silvia Adler, Wiesbadener Kurier


(…) So fügt sich eines zum anderen an diesem kurzweiligen und beglückenden Abend: Bühnenbild, Licht- und Schattenspiel, Kostüme, Personenführung, Tanz, Gesang und Orchesterspiel auf höchstem Niveau. Alles ist gut durchdacht, geschmackvoll aufeinander abgestimmt, wunderbar ausbalanciert. Ein wahres Gesamtkunstwerk, für das als höchstes Lob gelten kann, dass es dem Komponisten ein Denkmal setzt.

Michael Demel, www.deropernfreund.de

Ein Mann im Ausnahmezustand: Hat dem ruhmreichen Superhelden Orlando hier wirklich nur ein »Wind« namens Liebe den Kopf verdreht und seinen »Verstand auf den Mond« katapultiert?

Zoroastro mahnt den Krieger Orlando, seine Leidenschaften zu zügeln, und will ihn zurück zur Vernunft leiten, was sich als äußerst schwierige Angelegenheit erweist. Ein Gefühlscocktail aus Eifersucht und Hass, Misstrauen und Selbstüberschätzung lässt Orlando zu einem Schatten seiner selbst werden. Grund dafür ist seine unerwiderte Liebe zu Angelica, die mit Medoro liiert ist. Diesen wiederum begehrt Dorinda, deren Liebeskummer jedoch weniger pathologische Auswüchse annimmt. Orlando rast, tobt und wütet; und offenbart sich in seinen Gewaltfantasien als zutiefst unglücklicher Mensch, dem die Kontrolle über sich selbst abhandengekommen ist.

Georg Friedrich Händel fand in Ludovico Ariostos Orlando furioso einen erfolgversprechenden Stoff über die verschlungenen (Irr-)Wege der Leidenschaften. Der Wahnsinn des Titelhelden bot ihm die Möglichkeit, auch musikalisch »außerhalb der Form« zu stehen: Die innovative Partitur bringt das Schema der Opera seria gehörig aus dem Takt und bricht mit dem Erwartbaren. Wenn Orlando sich in die Unterwelt halluziniert und komplett den Bezug zur Realität verliert, nutzt Händel radikale, wahrlich »verrückte« Mittel. Sogar Senesino, der Star-Kastrat der Uraufführung, empfand die Partie als reichlich unkonventionell und konnte sich des Verdachts nicht erwehren, Händel versuche, ihn lächerlich zu machen. Neben allerhand virtuosen Perlen und bewegenden Psychogrammen besticht die Zauberoper Orlando mit einer Doppelbödigkeit, die aus dem tragischen Liebeswahn durchaus eine Menge komisches Potenzial zu schlagen weiß.

Mit freundlicher Unterstützung