Spielplan
zur ÜbersichtOper in zwei Teilen / UA 1720
Text von Nicola Francesco Haym nach Domenico Lalli.
Premiere vom 3. April 2016 (Bockenheimer Depot)
In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Einführung jeweils eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn im Holzfoyer.
Musikalische Leitung Simone Di Felice
Radamisto Dmitry Egorov
Zenobia Zanda Švēde
Polissena Jenny Carlstedt (bis 29.12.) / Paula Murrihy ( 4., 12., 18. 01.)
Tiridate Kihwan Sim
Tigrane Kateryna Kasper
Fraarte Vince Yi
Farasmane Božidar Smiljanić
(…) Die Premiere fand noch Bockenheimer Depot statt, doch mittlerweile hat die Radamisto-Inszenierung Tilmann Köhlers die Bühne des „Großen Hauses" am Willy- Brandt-Platz für sich erobert. Es war ein stimmungsvoller Auftakt in die neue Spielzeit, der besonders vom Opern- und Museumsorchester für Werbung in eigener Sache genutzt wurde.
(…)
Dem musikalischen Leiter Simone Di Felice, der mit dem Barockfach wie kein Zweiter vertraut ist, stand ein Vokalensemble voller Qualität und Klasse zur Verfügung. Von Dmitry Egorovs stimmlichen Fähigkeiten – insbesondere von seiner grandiosen, raumfüllenden Stimme – konnte man sich besonders gegen Ende der beiden Teile überzeugen. Zanda Švēde brachte als Zenobia zartes Kolorit und Jenny Carlstedt zauberte in der Rolle der Polissena Anmut und Seele hervor. Kihwan Sim als Tiridate und Kateryna Kasper in der Rolle der Tigrane waren solide, zuverlässige Darsteller.
Bösewichte gibt es in dieser Handlung natürlich auch: Der intrigante Fraatre (Vince Yi) und der cholerische Familientyrann Farasmane, der mit Božidar Smiljanić einen adäquaten Darsteller erhielt. All dies erhielt den verdienten Beifall eines ausgelassenen Publikums.
Matthias Gerhart, Frankfurter Neue Presse
(…) Kihwan Sims Tiridate, die prächtige Originalbesetzung, ist ein zutiefst komischer, chaplinesker Diktator, aber ein Diktator bleibt er doch. (…)
Auch im Opernhaus überzeugt Köhlers Inszenierung insgesamt durch einen reizvollen Umgang mit dem Statischen – fabelhafte Gemäldetableaus –, durch Details und nicht zuletzt durch ein sich in durchaus barocker Manier von Situation zu Situation Hangeln – es ist grandios, wenn Vince Yi (Fraarte) seine tröstliche, aber naturgemäß sentenzhafte Arien-Hauptaussage aus einem Glückskeks zieht. Die Personenführung ist ausgezeichnet und in der Wiederaufnahme frisch wie am ersten Tag. Sie erfasst nicht nur die Hauptfiguren, gerade Yi und Kateryna Kasper als Fraarte und Tigrane geben ein groteskes, windiges Pärchen ab.
Erneut ist der großartige Counter Dmitry Egorov als Titelheld zu erleben (bestimmt könnte er auch Glas zum Zerspringen bringen). An seiner Seite (beziehungsweise tragisch ihm entrissen) nun Zanda Švēde als stimmlich großformatige, wunderbar tief grundierte Zenobia. Jenny Carlstedt überzeugt über die Maßen als abgeklärte, auch stimmlich ganz feingliedrige Polissena. Überhaupt ist die Timbremischung des Ensembles auf schönste Abwechslung ausgerichtet – an sich zwingend bei einer derartigen Arienkette, aber keine Selbstverständlichkeit. (…)
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau
Eine Welt gerät aus den Fugen: Der grausamen Energie des Tyrannen Tiridate ist zunächst keiner gewachsen. Ausschlaggebend für seinen zerstörerischen Krieg ist die Liebe zu Zenobia, der Frau seines Schwagers Radamisto. Machtbesessenheit und Liebeswahn kulminieren in unkontrollierten Reaktionen, doch mit seiner Hybris überspannt Tiridate den Bogen. Händels Protagonisten sind gezwungen, sich zwischen Leben und Tod zu entscheiden. Die eigene Existenz, familiäre Verbindungen und das Leben der Geliebten werden Szene für Szene infrage gestellt. Radamisto ist ein hochkonzentriertes Kammerspiel, in dem die einzelnen Figuren wie in einem Spinnennetz miteinander verbunden sind. Händels erste Oper für die Royal Academy of Music London basiert auf den Annalen des Geschichtsschreibers Tacitus und greift Episoden aus der römischen Geschichte auf.