(…) Ein herrlich leichtgewichtiger, vergnüglich komischer, trotzdem substanzreich talentvoller Opernabend über Spaß, Freiheit, Autorität und Identität. Hierzulande eine Seltenheit!
Manuel Brug, www.brugsklassiker.de
Dass die dänische Nationaloper Maskerade erstmals im Frankfurter Opernhaus in einer lebhaft für Toleranz werbenden Inszenierung von Tobias Kratzer zu sehen war, traf am Sonntagabend beim Publikum auf helle Begeisterung. Die komische Oper von Carl Nielsen aus dem Jahr 1906 ist außerhalb Dänemarks eine Rarität und die Aufführung Grund genug, dass zur Premiere eine Vertreterin des dänischen Hochadels anreiste: Die theaterbegeisterte jüngere Schwester der Königin, Prinzessin Benedikte zu Dänemark.
Die dreiaktige Oper mit dem Text von Vilhelm Andersen, der nach Vorlage Ludvig Holbergs (1724) das Verbot der damals als sittenverderbend geltenden Maskenbälle anprangert, konnte die Oper Frankfurt bis auf zwei Ausnahmen (Susan Bullock als Magdelone und Samuel Levine in der Rolle von Diener Arv) sämtlich mit hervorragenden Sängerinnen und Sängern des Ensembles besetzen, die alle ihre Rollendebüts gaben.
Herausragend komisch agierte Bassist Alfred Reiter als verklemmter Bürger Kopenhagens (Jeronimus) und Liviu Holender in der Gestalt des wortgewandt, lustvoll und trickreich brillierenden Dieners Henrik. Großes Lob auch für die ebenso virtuos wie dezent eingesetzten Gasttänzer in der Choreographie Kinsun Chans sowie für die kühl hintersinnige Spiegelbühne Rainer Sellmaiers, die das Bunte, Anarchische und Wilde seiner Kostüme umso kontrastreicher hervorstechen ließ. (…)
Bettina Boyens / Wieland Aschinger, www.musik-heute.de
(…) Das einzige „Buh“ des Publikums erhält an diesem Abend ein Übersetzer: Martin G. Berger. Er hat sich einen deutschen Reim auf die dänischen Libretto-Reime von Vilhelm Andersen gemacht, die der wiederum aus einer Komödie des „dänischen Molière“ Ludvig Holberg gefiltert hat. Dabei hat sich Martin G. Berger akribisch genau an Andersens oft von Fantasie-Wörtern durchzogenen Reim-Schemata orientiert – und an dessen Selbst-Ironie. Denn wie heißt es im zweiten Akt so schön: „Im Ohr macht all das Reimen kille-kille, es ist ein bisschen ville. Doch macht man sich 'nen Reim auf alles Schrille, dann lebt man gut mit jeder Grille.“
Ursula Böhmer, Deutschlandfunk / Musikjournal
(…) Im Vergleich zum Bürgerschreck-Potential der Salome von Richard Strauss (1905) gibt sich Nielsens ein Jahr später uraufgeführte Opern-Komödie im Konversationston weitgehend brav. Das Maskenspiel auf der Bühne wird von gleichsam maskierter Musik getragen: Nielsen bedient sich nicht nur virtuos aus der älteren Musikgeschichte, sondern lässt neben reichlich Kontrapunkt auch Wagner und Verdi grüßen. Dazwischen blitzen im Opernorchester unter der Leitung von Gastdirigent Titus Engel schräge Töne auf: Die Tortur verkaterten Aufstehens zum Beispiel wird anfangs ausgesprochen plastisch im Glissando hörbar. (…)
Volker Milch, Wiesbadener Kurier
(…) Eine komische Oper wie Maskerade lebt von einem homogenen Ensemble. Und die Frankfurter Besetzung ist rundweg fantastisch (…).
(…) Ein großer, zu Recht bejubelter Abend an der Oper Frankfurt für ein Werk mit Seltenheitswert. Einfach ganz tolles Musiktheater.
Bernd Künzig, SWR 2 / Journal am Mittag
(…) An der Frankfurter Oper dirigiert Titus Engel diese Musik erfreulich plastisch, kehrt genau deren Witz hervor, der auch mal ein auskomponierter Kater sein kann. Also der Zustand, nicht das Tier. Engel leitet das Frankfurter Opernorchester sehr flott, sehr transparent. (…)
Tobias Kratzer ließ sich von Rainer Sellmaier einen offenen Kasten mit vielen Türen auf die Bühne stellen, erfindet im Detail auch lustige Zeichnungen der Figuren, gerade bei denen, die eher am Rande stehen. Und er kann mit Michael Porter (Leander), Monika Buczkowska (Leonora) und vor allem Liviu Holender (Henrik) auf sehr muntere Sängerdarsteller vertrauen, die, wie fast alle der zahlreichen Solisten hier, den stimmlichen Ansprüchen weitgehend mühelos gewachsen sind. (…)
Egbert Tholl, Süddeutsche Zeitung
(…) Für alle: ein Pauschallob. Drei Stunden vergehen selbst in anhaltender Corona-Maskerade hinter verpflichtenden FFP2-Masken in Frankfurt wie im Flug.
Karl Harb, www.sn.at (Salzburger Nachrichten)
(…) Das trotz allem nach wie vor (ein paar sozialkritischer Seitenhiebe besonders des Kammerdieners gibt es – Figaro lässt grüßen) etwas schmalbrüstige Libretto wird von Kratzer weder mit einer anderen Geschichte überschrieben, noch mit Bedeutungstiefsinn überfordert. Er lässt sich auf den leichtfüßig turbulenten Dreiakter ernsthaft ein, was bedeutet, dass er die Komödie mit souveräner leichter Hand bedient und zum Leuchten bringt. Obwohl er dabei auf jegliche Ausstattungsopulenz verzichtet, zündet das beim Publikum. Vor allem durch seine punktgenaue Personenführung, in die die von Kinsun Chan so witzig wie hochmusikalisch choreographierten vier Tänzerpaare und der ebenso bewegungsfreudige, von Tilman Michael einstudierte Chor integriert sind.
(…) Ein Opernspaß für trübe Zeiten ist dieser Abend allemal. Im bejubelten, spielfreudigen Ensemble konnten sich vor allem Liviu Holender als wendiger Diener, Susan Bullock als unternehmungslustige Mutter Magdelone und auch Michael Porter als Leander besonders profilieren.
Joachim Lange, www.concerti.de
(…) Eine hübsche kleine Geschichte – und Tobias Kratzer hat einen echten Kracher daraus gemacht. (…)
Bettina Kneller, Main-Echo Aschaffenburg
(…) Der nachdenklichste Moment passiert ganz ohne Text. Im dritten Akt stellt eine Pantomime eine treulose Dreiecksgeschichte von Venus, Mars und Vulcanus tänzerisch nach. Jeronimus, der bislang so streng-konservative Kopenhagener Bürger, schaut zu und beginnt zu ahnen, dass es hier um ihn selbst geht, seine verdrängten Lüste und Begierden, und dass die Welt nicht so keusch ist wie er sich das vorstellt – ja, warum soll er da eigentlich nicht selbst übergriffig werden, auf der Maskerade, die zur Disco mutiert und im Kostümrausch alle Anstandsgrenzen überwindet? Alfred Reiter geht in dieser Rolle vollkommen auf, singt und spielt einfach hinreißend. (…)
Andreas Bomba, Frankfurter Neue Presse
(…) Der Regisseur Tobias Kratzer stellt den großen Maskenball des dritten Aktes ins Zentrum seiner Inszenierung und plötzlich nimmt die vorher etwas bemühte Komödienhandlung richtig Fahrt auf. Dann beginnt nämlich das Spiel mit Identitäten, dann finden und verlieren sich Paare und manch einer lernt, die Welt und sich neu zu sehen. Die bunten Kostüme von Rainer Sellmaier, die Sportler, Musikerinnen und Comicfiguren zitieren, sind herrlich anzuschauen (…). Den Sängerinnen und Sängern, dem Orchester, den Tänzerinnen und Tänzern macht die Inszenierung sichtlich Freude. Und Michael McCown als Björn Borg oder Susan Bullock als Minnie Maus muss man einfach erlebt haben.
Bernd Zegowitz, Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg
Am königlichen Hof zu Kopenhagen hält man seinem berühmtesten Bediensteten auch 90 Jahre nach seinem Tod die Treue. Die Rede ist von Carl Nielsen, dem wichtigsten Komponisten Dänemarks in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und von Prinzessin Benedikte zu Dänemark, der Schwester des Staatsoberhaupts, Königin Margrethe II. von Dänemark. Sie kam aus Anlass der Premiere von Nielsens Maskerade an der Frankfurter Oper in die Mainmetropole und wohnte der Vorstellung bei. (…)
Bernhard Uske, Frankfurter Rundschau
(…) Es war demnach nur eine Frage der Zeit, bis diese Oper auch in Deutschland zur Aufführung kommt und wo, wenn nicht in der Oper Frankfurt, deren Publikum wie kaum ein zweites an Raritäten dieser Art gewöhnt ist und ihr Intendant Bernd Loebe diese als wichtigen Eckpfeiler der Spielplanpolitik seines Hauses betrachtet.
(…)
Nielsens Maskerade bietet dank seinen zahlreichen kleinen und mittelgroßen Rollen die Gelegenheit gerade für die Sänger*innen des Ensembles sich zu beweisen und dem Publikum zu präsentieren. Dies wurde hier vortrefflich genutzt, wobei einmal wieder die hohe Qualität des Frankfurter Ensembles zum Vorschein kam, mit einigen Namen, die man sich merken sollte. (…)
Alexandra Richter, www.orchestergraben.com
(…) Der Applaus für die Raritätenpremiere jedenfalls fällt treffend heiter bis hörbar hingerissen aus.
Axel Zibulski, Rhein-Zeitung
(…) Aber die eigentliche Witzigkeit und Situationskomik kommt durch die Neuübersetzung von Martin G. Berger zustande, der für einige Obszönitäten auch Buhs bekam. Es ist eine ins Spiel integrierte, relativ große Übertitelungsanlage, die seine Neudichtungen transportiert und einen erfrischend heutigen (…) Jugendslang in die Oper bringt, wie man ihn auch bei modernen Opern noch nie erlebt hat. Es wird dabei auch mit Freude gegendert, Beispiel: „Rings herum, das ist nicht schwer / Niemand weiß mehr: Ist das sie oder er?“ Und das alles in einem Reim-Tsunami, der sich gewaschen hat. (…)
Friedeon Rosén, www.der-neue-merker.eu
(…) Dabei hat der Unsinn (…) ja Methode und ist der Versuch einer Nachdichtung, die im aktualisierenden Reim-Exzess, der den Unterleib einbezieht, subversive Dada-Energien spüren lässt. Bis man diese Energien der ansonsten anhaltend gefeierten Maskerade, vor allem einer großartigen Ensembleleistung, auf sich wirken lassen kann, muss man natürlich erst mal selbst die Maske anlegen und sich an die Tuchfühlung gewöhnen: Vollbesetzung. (…)
Volker Milch, Darmstädter Echo
(…) Tobias Kratzer (…) inszeniert in Frankfurt eine federleichte, in den präzise gehüpften Tändeleien (Choreografie: Kinsun Chan) fast musicalwendige Komödie. Nach durchrauschter Nacht ruhen Leander und Diener Henrik in weißen Pants inmitten von Rainer Sellmaiers stufig gerahmter Bühne. Bald fügen sie sich als topfitte Unterwäschemodels in Nielsens tänzerische Applikationen. Eine Türen- und Spiegelkomödie, die den Anbruch einer neuen Zeit nur vorsichtig andeutet.
Nikolaus Schmidt, Badische Neueste Nachrichten
(…) Das richtige Stück also zum richtigen Zeitpunkt – entsprechender Beifall!
Andreas Bomba, Offenbach-Post