(…) Diese Frankfurter Operetten-Inszenierung rangiert weit, weit über dem Dreiviertel-Takt-Durchschnitt hierzulande, obwohl es eine eher melancholiesatte statt lustige Witwe geworden ist. Was bei Claus Guth aber niemand verwundert.
Manuel Brug, www.klassiker.welt.de
(…) Das ist eine Screwball-Komödien-Konstellation, und so handhabt es Claus Guth in diesem ebenso leichtherzigen wie Maßstäbe setzenden Wurf. Wie bei allen Würfen funktioniert das nur, weil erstklassiges musikalisches und darstellerisches Personal zur Verfügung steht. Und wie bei allen großen Würfen wird das Problem (…) durch einen einfachen Trick gelöst, der nicht einmal neu ist, aber glanzvoll ausgeführt.
Indem die neue Frankfurter Lustige Witwe also während Dreharbeiten spielt (…) sind die Nummern, die Tableaux, die karnevalistisch wirkende Folklore, die Künstlichkeit der Dialoge bereits tadellos untergebracht. Sie dürfen drastisch operettenhaft wirken, in die Luft geworfene Tänzerinnen in fantastischen Kostümen können hemmungslos juchzen, ohne dass man einen roten Kopf bekommen muss. So ist eben das Geschäft, ein Kameramann ist fast immer dabei, das geduldige Scriptgirl, der gestresste Regisseur, der zugleich den Njegus spielt (Klaus Haberer als wunderbarer Komödienösterreicher). (…)
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau
(…) das erfüllte sich als theatralisches Vexierspiel zwischen Traum und Realität (Dramaturgie: Konrad Kuhn), gipfelnd in Hannas Frage „Wer bist du eigentlich?“ – möglich aber auch nur, weil Claus Guth eben ein Meister der Personenregie ist und sogar mehrfache Brüche feinsinnig und im Moment nachvollziehbar gestalten kann – Bravo für ihn und sein ganzes Team. (…)
Wolf-Dieter Peter, www.nmz.de (neue musikzeitung)
(…) Auf mitreißende Weise mixt Guth hier Sentiment und Bussi-Scheinwelt, Kitsch und die blanke Kälte der Realität zu einem intelligenten, handwerklich glänzend gelösten und doch schmerzlich wehmütigen Operettenabend zusammen.
(…)
Jede einzelne der Premierenminuten, die sich Marlis Petersen und Iurii Samoilov, beide Debütanten in ihren Rollen, auf der Bühne umkreisen, lieben, hassen und beim Tanzen in tiefster Verfallenheit miteinander ringen, summieren sich zu zweieinhalb künstlerischen Sternstunden, die das Publikum von Beginn an elektrisieren. In der zweiten Liaison des Abends, diesmal ins Putzige gewendet, aber nicht minder virtuos gesungen und gespielt, glänzen die kurzfristig für die erkrankte Kateryna Kasper eingesprungene Elizabeth Reiter als raffiniert girrende und herrlich tanzfreudige Valencienne, mitsamt dem ihr verfallenen Martin Mitterrutzner als Camille de Rosillon. (…)
Bettina Boyens, Frankfurter Neue Presse
(…) Ein Kabinettstück, wie Claus Guth die Wechsel zwischen Filmdreh und Operettenwelt einsetzte, um Pathos in Komik und Ironie in Tragik kippen zu lassen. Ebenso prägnant und zielgenau agierte das Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Joana Mallwitz. Unbedingt hingehen!
Silvia Adler, Darmstädter Echo
(…) Die Künstlerin [Dirigentin Joana Mallwitz] mit dem sympathisch abgewetzten Taktstock schlägt präzise und groß, mit einem schier unendlichen Repertoire an Gesten und viel amüsierter Ironie im Blick. Dabei verfährt sie weder hochkontrolliert noch durchwegs nur intuitiv: Sie hört, was das Orchester ihr anbietet, und hebt geistesgegenwärtig die klanglichen Feinheiten hervor, sie denkt und handelt zugleich aus dem Moment heraus. Mal widmet sie sich einer absteigenden Linie im Fagott, mal einem Flötentriller oder einem gebrochenen Akkord in der Harfe – und bei aller Durchsichtigkeit bewahrt sie sich eine sehr ehrliche Freude an der leichten Muse. Starke Ritardandi, eine überzeichnete Dynamik und mitunter höllische Tempi entwickeln plötzlich einen ganz eigenen Witz. (…)
Hannah Schmidt, Die Zeit
(…) Und die Oper im Film lässt keine Wünsche offen. Da wird bunt kostümiert wild Can-Can getanzt, da werden alle Klischees bedient und jeden Moment, so glaubt man, könnte Peter Alexander auftreten. Das Filmsetting gibt Guth aber auch die Möglichkeit, alle Verletzungen, Enttäuschungen, Wünsche der Figuren, die das Stück nur verdeckt transportiert, sichtbar zu machen, weil er seinen Hauptdarstellern, also Marlis und Iurii, eine alte Liebesgeschichte mitgibt, die am Set wieder aufgewärmt wird. So bedient er die Erwartungen aller, nämlich die Balkansehnsucht der Operettenfans, die Schaulust der Opernfans und die kritische Sicht der an Adorno geschulten Intellektuellen. (…)
Bernd Zegowitz, Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg