In memoriam Soňa Červená (1925–2023)
Mit dem Namen Soňa Červená sind fast dreißig Jahre Frankfurter Operngeschichte verbunden. Sie hatte sich eigentlich »ein großes Haus und viele schöne Kinder« gewünscht. Daraus sind für die Altistin, die 1966 bis 1990 Mitglied der Oper Frankfurt war, »mehrere große Opernhäuser und viele schöne Rollen« geworden. 1987 wurde sie für ihren Einsatz in mehr als hundert Partien mit dem Titel einer Kammersängerin geehrt. Nach ihrer Tätigkeit in Brünn (1954-1957), an der Staatsoper Berlin (1958-1966) und den Bühnenjahren in Frankfurt, wo Soňa Červená schon von 1963 an einen Gastvertrag hatte, wurde sie zu einer zweiten Karriere an das Hamburger Thalia-Theater berufen. Dort war die, 1925 in Prag geborene Künstlerin voll beschäftigt und feierte auch als Schauspielerin große Erfolge. Mit 70 Jahren stand sie in Hamburg u.a. als Musical-Star in Robert Wilsons The Black Rider, mit dem sie weltweit gastierte.
In ihrer Frankfurter Zeit arbeitete sie unter vier sehr verschiedenen Opernintendanten: zunächst unter Lovro von Matačić, dann Christoph von Dohnányi, später unter Michael Gielen und zuletzt Gary Bertini. Soňa Červená durfte während ihrer Frankfurter Jahre viel gastierten: bei den Bayreuther und Edinburgher Festspielen, an den Staatsopern Wien, Dresden und Hamburg sowie in San Francisco.
Ihr Repertoire war riesig und ungewöhnlich. Dazu gehörten u.a. die Gräfin in Pique Dame, Geneviève in Pelléas und Mélisande, die Fürstin in Suor Angelica, Florence in Brittens Albert Herring, Prinz Orlofsky in Die Fledermaus, Klytämnestra in Elektra, Baba in The Rake's Progress, Gräfin Geschwitz in Lulu, die Grünwiesel in Henzes Der junge Lord und die Mutter in Nonos Al gran sole. Mit diesen Partien und als Carmen, die sie über 150 Mal sang, tourte sie durch ganz Europa.
Die zweisprachig aufgewachsene Tochter eines Tschechen und einer Deutschen war eine leidenschaftliche Grenzgängerin zwischen den Kulturen, nicht zuletzt als Übersetzerin von Opernlibretti. Deutliches Sprachprofil bedeutete ihr viel: Deshalb liebte Soňa Červená Janáčeks Opern so sehr. Für diese große Sängerin-Darstellerin bildeten Musik, Text, Ausdruck und Körpersprache eine unzertrennliche Einheit.