(…) Regisseur Manuel Schmitt bringt in seiner Neuinszenierung, die Brittens The Prodigal Son aus dem Jahr 1968 mit einer anderen, der zwei Jahre früher uraufgeführten Kirchenparabel The Burning Fiery Furnace, koppelt, beide Werke so klar und konzentriert auf den offenen Bühnenraum, dass es einem nicht selten den Atem nimmt. (…)
Axel Zibulski, Frankfurter Allgemeine Zeitung / Rhein-Main
(…) Von einem „Mysterienspiel“ ist im Geschehen selbst die Rede, ja, genau. Wer in diesen Post-Corona-Tagen von einer Großoper in die nächste taumelt, staunt darüber, wie Britten mit einer Handvoll Instrumente heilige und weltliche, naturhafte und seelische Atmosphären erzeugt – der Dirigent Lukas Rommelspacher hat neun Mitglieder des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters und einen Gastorganisten vor sich, apart ohne Geige, ohne Cello, dafür mit ausdifferenziertem Schlagzeug und Harfe. In Frankfurt wird das vom Bühnengeschehen allerdings auch blendend unterstützt.
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Michael McCown, mit behändem Tenor und Körper stets eine Bühnenfreude, ist der Versucher des gelangweilten Sohnes und der König Nebukadnezar. Magnús Baldvinsson mit seinem sehr passenden, leicht angerauten Bass ist der autoritäre und doch freundliche Vater, um ihn herum flippen die richtig jungen Söhne, Jarrett Porter (als wütender Älterer) und Brian Michael Moore (als aus der Reihe tanzender, nein, stolpernder Jüngerer). Nach der Pause ist Bariton Danylo Matviienko in der insgesamt edlen Besetzung der finstere Astrologe und Porter der laszive Herold am babylonischen Hof.
Die geschlechterfluiden Festtagskleider in dieser Männerwelt täuschen nicht darüber hinweg, dass es gemeingefährlich zugeht. Moore, Barnaby Rea und Pilgoo Kang sind die drei Jünglinge, die das Tohuwabohu voller Gottvertrauen abwettern lassen. Immer ist der Ritus nahe, ebenso im kakophonisch wirkenden, aber ausgeklügelten Freudentanz nach der Heimkehr des verlorenen Sohnes. (…)
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau
(…) The Prodigal Son ist der Titel jener 1968 in einer Kirche uraufgeführten Kurzoper nach der biblischen Geschichte vom verlorenen Sohn. Sie ist rein männlich besetzt wie The Burning Fiery Furnace von 1966: Mit diesem Gegenstück, dessen Text ebenfalls aus der Feder von William Plomer stammt, gelingt ein Parabel-Abend, dem nicht nur das Ackerbild einen fesselnden Rahmen verleiht.
Volker Milch, Wiesbadener Kurier
(…) Der von Britten gar nicht erwünschte, in dieser Rauminstallation aber unerlässliche Dirigent (Lukas Rommelspacher) hält die Musiker – darunter eine exquisite Altflöte, eine Altposaune sowie eine Reihe archaischer Perkussionsinstrumente – zu oft geradezu betörendem Spiel an. Alles in allem eine szenisch faszinierende, facettenreiche, musikalisch intensive Aufführung, die über Gewalt und Gerechtigkeit, Täter und Opfer, Schuld und Gnade nachdenken lässt. (…)
Uwe Schweikert, Opernwelt
(…) Eindrucksvoll bespielt diese Inszenierung den großen Bühnenraum mit ausgewählten Requisiten. Es gibt viel zu sehen, wirkt aber alles andere als überladen und die musikalische Leistung von Sänger*innen und Orchester ist durchgehend auf sehr hohem Niveau. So wird [Manuel] Schmitts Inszenierung zu einem kurzweiligen visuellen und akustischen Genuss!
Martina Jacobi, www.die-deutsche-buehne.de
(…) Der britische Komponist, 1966 auf dem Höhepunkt seiner stets nach Einfachheit strebenden Kunst, markiert das archaische Ambiente eines Mysterienspiels durch Hymnen im gregorianischen Stil, verbindet sie mit oft nur einstimmigen Klängen und freitonalen Linien eines bizarren, aus neun Instrumenten bestehenden Kammerensembles. Bühne (Bernhard Siegl) und Regie (Manuel Schmitt) sparen nicht mit Effekten, sogar pyrotechnische Funken schlagen sie aus der Befreiung eines golden-klobigen Standbilds des Götzen Merodak durch Arbeiter im Schutzanzug, bevor im selben Ofen dann Menschen verbrennen sollen. (…)
Andreas Bomba, Frankfurter Neue Presse
(…) Zum musikalischen Farbenreichtum und zur szenischen Lebendigkeit trägt auch eine delikate, von Álvaro Corral Matute einstudierte Kinderchor-Partie mit ihren Soli substantiell bei. (…)
Volker Milch, Darmstädter Echo
(…) Ein gelungenes Musiktheater, zwar ohne Zeigefinger, dafür aber mit einem gehörigen Anteil an Nachdenklichkeit. Aufklärung, wie sie heute wiedergewonnen werden muss.
Helmut Wäldele, www.hboscaiolo.blogspot.de
(…) Der Begriff des „Gesamtkunstwerks“ wird oft strapaziert. Hier ist er angemessen. Jede der Komponenten kann eigenständig überzeugen: Die faszinierende Rauminstallation, die sinnliche und plastische Inszenierung und die vorzügliche musikalische Umsetzung mit starken Gesangsleistungen. Das alles fügt sich zu einem außerordentlichen Musiktheatererlebnis.
Michael Demel, www.deropernfreund.de