(…) Intendant Bernd Loebe zufolge war es nicht möglich, die ursprüngliche Inszenierung von drei Stunden coronagerecht umzusetzen. Caterina Panti Liberovici wagte eine Neufassung, die – flankiert vom stimmungsvollen Licht Olaf Winters – als ebenbürtiger Ersatz in schwierigen Zeiten vom Publikum mit viel Beifall bedacht wurde. Liberovici arbeitete nach einer Art Setzkasten-System, bei dem jedem Darsteller ein fester, abgeteilter Raum zur Verfügung steht. Zwischen den Abteilen befinden sich durchsichtige Trennwände, so dass Berührungen, von denen es im beziehungsreichen Figaro so viele gibt, nur angedeutet werden müssen. Das Publikum hat seine Freude und das Gesundheitsamt seine Ruhe. (…)
Matthias Gerhart, Frankfurter Neue Presse
(…) Musikalisch ist ungetrübtes Mozart-Glück zu erleben. Gordon Bintner ist für den Figaro eine Traumbesetzung. Der junge Bariton verfügt über geschmeidiges Material mit virilem Kern und einer eleganten Höhe. Sein Figaro hat nichts Derbes. Mit seiner biegsamen und nobel geführten Stimme erinnert er – der Vergleich ist nicht zu hoch gegriffen – an den jungen José van Dam. Ihm zur Seite steht seine Ensemblekollegin Bianca Tognocchi, die in ihrem Debüt als Susanna mit quirligem Spiel und glockenhellem Sopran überzeugt. Auch für den Grafen und die Hosenrolle des Cherubino bietet das Ensemble mit Liviu Holender und Bianca Andrew rollendeckende Besetzungen. Aus dem hauseigenen Reservoire an unverbrauchten, frischen Stimmen werden selbst für das Buffo-Paar ungewöhnlich junge Sänger aufgeboten: Cecelia Hall singt ihre erste Marzelline mit derart intensivem Mezzo, daß die drohende Zwangsverheiratung mit ihr für Figaro gar nicht mehr als großes Übel erscheinen mag. Auch Anthony Robin Schneider steht als Bartolo mit seinem mächtigen Baß in vollem Saft. Wo sich in anderen Produktionen in die Jahre gekommene Sänger durch die Noten chargieren müssen, kann Schneider souverän aussingen. Einziger Gast in einer Hauptpartie ist Adriana Gonzáles als Gräfin. Sie setzt dem vorzüglichen Ensemble die Krone auf. Schon in ihrer Auftrittsarie „Porgi, amor“ überzeugt sie mit schwebenden Piani und einem edel schimmernden Ton. Genau so sollte eine Gräfin klingen. (…)
Michael Demel, www.deropernfreund.de
(…) das Personal (…) ist überwiegend sehr jung, optisch geradezu perfekt und stimmlich geschmeidig und homogen über dem zärtlich aufspielenden Orchester mit Rory Macdonald am Pult. (…)
Die Grafens, Liviu Holender und Adriana González, sind stimmlich hochelegant und als echtes Paar leicht im Vorteil. Allein sie dürfen Händchen halten. Inhaltlich eine ulkige, geradezu bizarre Verschiebung. Im Graben, wie die Oper informiert, 21 statt der sonst 37 Orchestermitglieder. Transparenz, aber nicht Fadenscheinigkeit sind die Folge. Den gestrichenen Rezitativen, damit nach zweieinviertel Stunden alles vorbei ist, muss man keine Träne nachweinen, dem Chor aber schon.
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau